Projekt Details

Unser Projekt im Detail:
Verhaltensanalyse statt Blutspur

 

Verhaltenssignale früh erkennen – Schwanzbeissen als Ausdruck von Stress

Schweine sind äusserst soziale Wesen und äussern ihr Unwohlsein, in dem sie sich an Artgenossen abreagieren. Das Unwohlsein resultiert in gegenseitigem «Schwanz-Beissen». Für den Betriebsleiter ist Prävention sehr schwierig. Meist ist das Unwohlsein der Schweine erst ersichtlich, wenn es bereits zu spät ist und das Blut schon ordentlich strömt. Da das Blut sehr proteinhaltig ist und die Schweine das besonders lecker finden gibt es hier ausserdem einen sich verstärkenden Effekt.

Trotz Tierwohl-Massnahmen: Die Zahlen sprechen eine andere Sprache

Obwohl in der schweizerischen Schweineproduktion in den letzten Jahrzehnten viel in Tiergesundheit und Wohlergehen investiert wurde, hat sich die Unversehrtheit des Schwanzes bei den Schlachtschweinen massiv verschlechtert. In einem Forschungsprojekt in der Schweiz im Jahre 2015 bei rund 25’000 Schweine hatten nur knapp 1% der Schlachtschweine keinen intakten Schwanz mehr. Bei neueren Untersuchungen zeigte sich eine enorme Zunahme: rund 40% der Schlachtschweine haben keinen intakten Schwanz mehr. Dies obwohl in dieser Zeit diverse Massnahmen zu Gunsten der Schweine beschlossen wurden. So sind z.B. in der Schweiz Vollspaltenböden seit 2018 verboten und die Mindestfläche bei Mastschweinen wurde massiv erhöht. Zudem werden aktuell rund 80% der Mastschweine in labelkonformen, eingestreuten Buchten (BTS und RAUS), gehalten. Die genauen Ursachen sind trotz intensiver Forschung immer noch nicht bekannt und einzelne Risikofaktoren werden in der Literatur sehr kontrovers diskutiert.

Ursachen unklar, Belastung real – der Druck auf die Tierhalter wächst

Schwanzläsionen sind in letzter Zeit auch für viele Tierhalter und Transporteure in der Schweiz zu einer Belastung geworden, da in vielen Fällen die Ursachen nicht bekannt sind und Landwirte zunehmend wegen Verletzung des Tierschutzgesetzes oder wegen nicht Erfüllens der Transportfähigkeit angezeigt werden und ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet wird. Nicht ausser Acht gelassen werden darf, dass wegen des zunehmenden wirtschaftlichen Druckes und der Zunahme der Bestandsgrössen die Beobachtungsintensität reduziert wurde, sodass häufig erst eingegriffen wird, wenn Kannibalismus bereits aufgetreten ist. Es ist bekannt, dass bei intensiver Tierbeobachtung bereits einige Tage vor dem Eintritt eines Ereignisses Verhaltensänderungen bei den Schweinen feststellbar wären. Neben den Anzeichen für tatsächliches Beißen sind Aktivitätsniveau und Unruhe sowie die Schwanzhaltung gute Indikatoren für einen möglichen Schwanzbeißausbruch im Stall. Vor einem Ausbruch kann man beobachten, dass die Schweine ihre Schwänze in einer niedrigen Haltung zwischen den Beinen eingeklemmt halten.

KI als Zukunftshoffnung – aber noch keine Praxisreife

Deshalb werden Systeme wie „machine learning“ entwickelt, um die Produzenten in der Tierbeobachtung zu unterstützen. Allerdings sind solche Systeme noch nicht im Handel erhältlich und wurden bisher nur an Schweinen getestet, bei welchen der Schwanz bereits coupiert war, was in der Schweiz bekanntlich verboten ist. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Ökologisierung der Landwirtschaft Phosphor- und Stickstoff reduzierte Fütterung (NPr-Futter) Pestizid- und Fungizideinschränkung, Honorierung des pfluglosen Anbaus (Direktsaat) sowie Trennung von Mutter- und Vaterlinien, Leistungssteigerung einen negativen Einfluss auf die Schwanzgesundheit hat.

Intervention, wenn das System Alarm schlägt

Zu den wichtigsten Massnahmen bei Schwanzbeissen gehören das Entfernen des Beissers (Täter), das Entfernen der Opfer, sowie das Zugeben von manipulierbaren Objekten (Spielzeug, o.Ä.). So werden die Schweine abgelenkt und können ihre intrinsische Motivation, die Umgebung zu erkunden besser erfüllen. Dieser Effekt verliert oft aber nach wenigen Tagen die Wirkung. Die Variation von verschiedenen Objekten kann in der Akutphase helfen. Das Hinzufügen von zusätzlichem Einstreumaterial, das Entfernen des gebissenen Schweins aus der Gruppe, Zugabe von Salz, das Streuen von Mineralstoffen auf den sauberen Boden können als Symptombekämpfung helfen. Vorbeugend kann die Verwendung von Anti-Biss-Mitteln (Vergällung) am Schwanz angebracht werden.

Abschliessend kann man zusammenfassend sagen, dass je früher sich eine anbahnende Veränderung der Gruppendynamik erkennen lässt, desto besser kann ein Ausbruchsrisiko verhindert werden. Hier kann die KI eine wichtige Funktion übernehmen. Langfristig soll es möglich werden, dass die KI zuverlässig Veränderungen in der Gruppendynamik erkennt und so den Betriebsleiter informiert, bevor «die Stimmung im Schweinestall kippt».

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